Die Erfolgsmodelle der Vergangenheit wehren sich meist besonders vehement gegen ihre anstehende Abdankung. Dies sieht man nicht nur in den politischen Reformdiskussionen, sondern auch in anderen Bereichen, wie zum Beispiel in der Werbung. Reflexhaft beschwören Werbeagenturen ihr überholtes Modell der unidirektionalen Kommunikation, das einer eine Pyramide gleicht, deren Spitze von den Synapsen der Kreativdirektoren gebildet wird, die Mittelschicht von Medien und anderen untergeordneten Handlangern, und die Basis schließlich von der indifferenten, gleichförmigen Masse der Konsumenten.
Der fällige Paradigmenwechsel wird kein einheitliches neues Modell hervorbringen, sondern eine Vielzahl von Modellen, die miteinander im Wettbewerb stehen und anhand ihrer Effektivität im jeweiligen Einzelfall bewertet und ausgewählt werden müssen. Eines dieser Modelle ist das Themen-basierte Marketing. Bei diesem Ansatz steht im Mittelpunkt ein festes Thema, das die Inhalte der Kommunikation festlegt und von dem ausgehend Anbieter, Konsumenten und Medien vernetzt werden:
Ein paar - hoffentlich nicht zu ungeordnete - Anmerkungen zu den vier zentralen Komponenten des Modells:
- Das Thema ist gleichermaßen der Köder für den aufgeklärten, selbstbewußten wie für den orientierungs- und haltsuchenden Konsumenten (mögliche Themen in diesem früheren Beitrag und weiter unten). Wichtig bei der Auswahl eines Themas sind seine konkrete Relevanz und hinreichende Ergiebigkeit. "Hamburg" ist ein Thema, "Lokales" ist kein Thema (siehe das aufschlußreiche Interview mit Thomas Patalas zu Lokalem Marketing).
- Die Vernetzung der Medien: Die Medien wählt der Konsument, nicht der Anbieter oder sein Dienstleister. Ein Beispiel: Im Sommer letzten Jahres wurde die Luxusgüterbranche von einer Studie (PDF) aufgeschreckt, nach der das präferierte Informations- und Kaufmedium ihrer Klientel das Internet ist. Bis dahin hatte man auf Hochglanzmagazine und den persönlichen Kontakt zum Kunden gesetzt. Die ersten Anbieter haben aber schnell reagiert (etwa Louis Vuitton, Bericht hinter Paywall).
- Die Vernetzung der Anbieter. Dies ist schon allein eine Frage der Kosten. Mit dem gleichen Qualitätsanspruch betrieben, ist interaktives Marketing keineswegs billiger als klassische Werbung. Egal ob weltweit agierende Konzerne wie Nike und Apple oder lokale KMUs - das Sparpotential durch Zusammenarbeit ist beträchtlich.
- Die Vernetzung der Konsumenten. Das "Community"-Konzept unterliegt derzeit einer rasanten Evolution. Glaubte
man anfänglich noch, daß die Plattformen für soziale Netzwerke unangreifbar werden, sobald sie eine kritische Masse von
Nutzern akquiriert haben, zeichnet sich jetzt eine erste Erosion ab. Die Loyalität der Nutzer zur Plattform
könnte geringer sein als angenommen. Werden die plattform-gebundenen sozialen Netzwerke von plattform-agnostischen Netzwerken abgelöst? Je mehr Konkurrenz unter den Plattformen, desto geringer ihr Nutzwert - denn
wer will wirklich sein Profil und seine Kontakte parallel auf Xing, LinkedIn, Hi5 und all den anderen pflegen? Weitere Social-Networking-Plattformen sind eine komplette Fehlinvestition.
Sobald es brauchbare Alternativen gibt, sich mit geeigneten Bausteinen (den sogenannten Widgets) über Plattformen hinweg zu verknüpfen, werden die Nutzer genau das tun. Indizien für diese Entwicklung gibt es
zuhauf, darunter negative Reaktionen wie die zunehmende Blockade von Third-Party-Widgets auf Myspace und positive wie die Ankündigung eines vielleicht zur Widget-Entwicklung geeigneten APIs für Xing.
Es wird im allgemeinen kein Thema geben, mit dem man seine gesamte Zielgruppe erreicht. Damit muß und kann man leben. Die amerikanische Supermarktkette Shaw's addressiert Mütter mit dem Ducklings-Programm. Jede Mutter bekommt regelmäßig auf das Alter ihres Kinds abgestimmte Infoblätter (von Ernährungshinweisen bis zu Notfallnummern der Hersteller von Babyprodukten) und Couponhefte zugesandt, die sie dann in einem passenden Ordner abheften kann, den sie bei der Registrierung für das Programm erhalten hat.
Ein interessantes Multipartnerprogramm rund ums Thema Hausbau, das die Struktur eines themenbasierten Ansatzes exemplarisch verdeutlicht, ist in Großbritannien unter dem Namen Property Jigsaw gestartet. Es vereint "geprüfte" Anbieter im Bausektor, und eine Community von Konsumenten, die diese Anbieter bewerten und empfehlen. Dazu gibt es einige web-basierte Dienste ("Home Log"), Tips, Foren, Gewinnspiele, und als vereinheitlichenden Rahmen ein zeitgemäßes Bonuspunkteprogramm.